Die Cennt-Steine aus dem Jahr 1608 bildeten ursprünglich die Gerichtsgrenze zwischen Sachsen und
Bayern. Die insgesamt 44 Grenzsteine markierten die Fraischgrenze zwischen Lichtenfels
bis zum Dreiherrenstein bei Häusles.
Auf der rechts abgebildeten Gedenktafel ist folgendes zu lesen:
"Bey dem Ruhstein am Knock"
"Um Grenzstreitigkeiten zwischen dem Hochstift Bamberg und dem Herzogtum Sachsen zu beenden,
ließen die Landesherren 1608 insgesamt 44 Grenzsteine mit ihren Wappen entlang der Grenze setzen.
In einer Grezbeschreibung von 1650 wird hier an dieser Stelle der Stein Nr. 28 "bey dem Ruhstein
am Knock" genannt. Leider ist im Laufe der Jahrhunderte der Wappenstein verschwunden. In
Anbetracht der Historie ließ das Staatliche
Bauamt Bamberg anlässlich des Straßenneubaus
2011/2012 einen neuen Grenzstein anfertigen und zum Ruhstein setzen.
Fraisch, Fraischgrenze, Fraischstein ist ein schwer zu deutendes
Wort, das heute nicht mehr verwendet wird. Es hängt zusammen mit der Blutgerichtsbarkeit, dem Recht, über
Leben und Tod zu richten. Das war das oberste und ängstlich bewahrte Privileg der oft nur sehr
kleinen Staatswesen früherer Jahrhunderte in Deutschland. Mit Fraischgrenze wurde die Grenze
zwischen zwei Staaten, die beide über die höchste Gerichtsbarkeit verfügten, bezeichnet. Die
"Höchste Gerichts-barkeit" im Mittelalter wurde Blutgericht oder Halsgericht genannt. Als Strafen
konnten Blutstrafen, Verstümmelungen und Tod ausgesprochen werden. In unserem Fall stand sich
auf der einen Seite das höchste Gericht aus Sachsen-Coburg und auf der anderen
Seite das Bamberger Halsgericht gegenüber. Wie aus einem Bericht des Christian Friedrich Keßler von
Sprengseysen hervor geht, wurden die Grenzsteine 1608 im beiderseitigen Einvernehmen zwischen
Coburg und Bamberg gesetzt. Voraus gingen Grenzstreitigkeiten, -irrungen und dergleichen an der
Grenze zwischen den Ämtern Neustadt und Gestungshausen zu den Bayrischen Ämtern Kronach,
Burgkunstadt und Lichtenfels. Unter anderen gab es Beschwerden wegen unerlaubten Holzschlagens,
Jagens und Eichellesens in den nachbarlichen Wäldern, Geleit-Unstimmigkeiten auf der
Geleitstrasse von Lichtenfels nach Coburg und Probleme mit dem genauen Grenzverlauf. Aus
unserer Gegend beschwerten sich die Bayrischen Nachbarn über unerlaubtes Aufstellen von Säulen
mit sächsischen Fahnen auf den Lehensgütern bei Beikheim und das unerlaubten Eichellesen und
Jagen im Brand und im Leutendorfer und Häusleser Wald. Um diese Differenzen ein für alle Mal
zu beseitigen, einigten sich der Herzog von Sachsen-Coburg, Johann Casimir und Johann Phillip,
Bischof zu Bamberg darauf, ein beiderseitiges Gremium zu bilden, die die Probleme besprechen,
Lösungen erarbeiten und in einem Vertrag festlegen sollten. Doch in den beiden Treffen, am
5. Juni 1600 in Neustadt an der Haide und im Jahr darauf am 6. August 1601 in Lichtenfels
konnten noch nicht alle Punkte vertraglich abgeschlossen werden. Wahrscheinlich waren noch
einige Begehungen Vorort nötig, um den genauen Grenzverlauf und die Standorte der Grenzsteine
zu bestimmen. 1608 wurde der Vertrag mit den gemeinsam erarbeiteten Lösungen verabschiedet und
in die Tat umgesetzt. In dem Vertrag, den von Sprengseysen überliefert hat, sind alle Irrungen
und Verfehlungen enthalten und die gütlichen Lösungen festgehalten. Der Grenzverlauf ist dort
folgendermaßen beschrieben:
"Wegen der zwischen unserer beidseitigen Ämter Burgkunstadt, Neustadt und dem Gericht
Gestungshausen strittigen Fraisch- und oberen Gerichtsbarkeit sollen sich die von uns
ausgewählten abgeordneten Räte annehmen, darüber beraten und endgültig entscheiden, danach
die oben genannte Vorbereitung zum Setzen der Fraischsteine, zum Teil durch Schlagen von
Löchern, setzen, nach der Beschreibung die hernach folgt.
Als erstes von den untern und alten
Fellschranken hinüber, bis an die Spitzen des Lichtenfelser Forsts bei den Zapfenbrunnen,
von derselben Spitze über die Beuttelsheidt (Flurname unterhalb der Dürrmühle bei Frohnlach)
neben besagten Lichtenfelser Forst in den Bachgraben, und von demselben wiederrum den Forst
hinauf bis an die Coburger Straße (die Straße von Coburg nach Marktraitz führte damals südlich
an Frohnlach vorbei, über Neuensorg und Weidhausen nach Marktgraitz), und neben derselben Straße
bis an die steinerne Brücke, wo der Bieberbach und der Crottenbach (Krötenbach) zusammen
fließen, dann über den benannten Crottenbach hinauf auf die Sonnefelder "Heiligen Wiesen" und
weiter den Crottenbach hinauf bis an den Crottenanger, wo der Crottenbach endet. Da sich der
Crottenbach sehr ungleich hin und her schlängelt, teilweise ganz klein ist und manchmal ganz
verschwindet um an anderer Stelle wieder aufzutauchen, sollen zwei Steine gesetzt werden, die
mit aufeinander zeigenden Spitzen markiert sind. Die Markierung weist weiter voran über den
Krottenanger, mitten zwischen Trübenbach und dem Sächsischen Gehölz bis zum Neuseser Weg, der
nach Trübenbach führt, dann am Bambergischen und Sächs. Gehölz, der Brand genannt, entlang bis
zum Brandbach. Dem Brandbach folgend bis zum Mödlitzer Pförtlein, dort sollen zwei Steine
gesetzt werden, beiderseits des Bächleins, dazwischen soll der Weg gehen. Von dort die
Botengasse hinauf, über die Blankenleiten auf den oberen Mödlitzer Anger, dann die Straße
hinauf auf den Engenberg und neben dem besagten Engenberg hinauf in das Holz, die Hall genannt,
dann über den Hallrasen und hinüber zum Anfang des Köhlersgraben und dem gemeldeten Köhlersgraben
hinab bis an die Steinach., durch die Furt der Steinach bis an die Hörber Gaß und von derselben
unten am Haidtgraben entlang bis zu einem Eichelstock und hinüber zu einem Birnbaum auf dem
Heidtrasen und weiter auf den Schirm, auf dem ein alter Birnbaum gestanden ist. Von dem Ort
hinab zu den sieben Brunnen, hinüber zu dem breiten Baum, weiter an den Trißgrund zu einem
kleinen Birnbaum auf der Röderswiese, den Rödersgraben hinauf bis zur genannten Röderswiese,
nachdem bei dem Rödersgraben bei dem Häusler Gehölz, an demselben hinauf bis zur Rödersleiten,
zu einem Stein oben am Ende des Häusler Gehölz. Dieser Stein scheidet die Felder und Gehölze von
Sachsen, der von Redwitz und Beikheim und der dazugehörigen Obrigkeit. Nachstehend beschriebene
Fraisch- und Centsteine sollen auf unserer beidseitigen Unkosten gefertigt werden, auf der einen
Seite unseres Bischof von Bamberg und des Stifts, auf der anderen Seite aber unsers Herzog von
Sachsens Wappen, samt dem Wort Cent gemacht und eingehauen."
Der Stein, wie in Häusles beschrieben, wird als Dreiherrenstein bezeichnet. Dort trafen die
Grenzen dreier eigenständischer Landeshoheiten aufeinander. Hier war es Sachsen-Coburg,
die Freiherren von Redwitz und das Bistum Bamberg.
Die Abbildung rechts zeigt die angefertigte Karte des Halsgerichts Graitz (Marktgraitz) aus dem
Jahr 1608. Interessant an dieser Karte ist die Tatsache, dass die Dörfer Weidhausen, Trübenbach,
Leutendorf und Mannsgereuth politisch zwar dem Amt Sonnefeld in Sachsen-Coburg zugehörten,
gerichtsmäßig aber dem Gericht Marktgraitz unterstanden. Wie Faber schreibt,
sind Weidhausen und Trübenbach seit 1299 des Klosters Sonnefeld Eigentum, aber der Graitzer
Cent (Gericht) in den drei hohen Rugen unterworfen. Leutendorf und Mannsgereuth waren schon
seit 1263, bzw. 1283 dem Kloster Sonnefeld zugehörig. Die Karte zeigt
auch nicht den gesamten Grenzverlauf und weicht geringfügig von der Beschreibung durch
Sprengseysen ab. Die rote Grenzlinie beginnt auf der Karte unten links, verläuft geradezu bis
zur Beuttelsheidt, folgt dem Bachgraben Richtung Dürrmühle, überquert die Straße Coburg-Graitz
(Marktgraitz)und verläuft ungefähr auf der heutigenn Straßentrasse. Nach der Beschreibung bei
Sprengseysen verläuft die Grenze vom Bachgraben an der alten Straße bis nach Weidhausen.
Mit Cent wurde die frühere Gerichtsbarkeit in unserem Raum benannt. Die Cent- oder Centt-Steine
markierten die Gerichtsgrenze. Dem Centgericht saß in der Regel ein Centgraf , mitunter auch
der Herzog, mit gewählten Schöffen vor. Der letzte erhaltene Cennt-Stein aus der Mödlitzer Flur
wurde als Gartenpfosten zwischen den Grundstücken Erlenweg 5 und Erlenweg 7 verwendet und 2007
entfernt.
Das Bild links zeigt den gut erhaltenen Stein. Allerdings wurden die beiden Wappen entfernt.
Dieser Stein soll in der nächsten Zeit am Dorfplatz aufgestellt werden. Weitere Original-
Cennt-Steine sind noch aus Leutendorf bekannt.
Bild rechts: in Leutendorf stehen zwei gut erhaltenen Cenntsteine, zwar
nicht an ihrem früheren Standort, aber sie sind der Öffentlichkeit zugängig.
Unser Dank gilt auch hier nochmal dem Staatlichen Bauamt Bamberg und unserem Kreisheimatpfleger
Roland Graf, die sich bereit erklärten einen neu gefertigten Centt-Stein mit unserem Ruhstein
aufzustellen.
Die beiden Steine wurden offiziell am 27.09.2008 während einer kleinen Gedenkfeier aufgestellt.